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DER VORHANG
BLATTER DES DEUTSCHEN OPERNHAUSES BERLIN
Erftaufführung
„Der Holzdieb" non Heinrich Marfchner
133
Ermanno Wolf® Ferrari
Zur Erftaufführung feiner Oper J\ campteUo"
,Sein fdiaffenöer Geift fchlägt in Öen fphärtfehen Höhen der
Kunft eine leuchtenöe Brüche oon öeutfehem zu romanifchem
Weferu So nimmt Wolf-Ferrari eine Sonöerftellung im
Schaffen Der Gegenmart ein"* Siegmunö oon Haueegger
Die Mufik, Öle reinfte öer Künfte, öem Himmel am nächften,
(pricht eine Sprache, t>ie jeöer uerfteht. Unö in öiefer Sprache fprichi
ihr großer Meifter Ermanno Wolf® Ferrari zu Deutfchlanö unö zu
Italien...
In Veneöig rouröe öer Künftler am 12 . Januar 1876 geboren. Sein
Vater ftammt aus Weinheim an Öer ßergftraße, roo unfere öeutfehe
Heimat öen fchönften Frühling unö öie herrlichfte Sonne hat. Er
mar Maler, Romantiker, öer fchlicht, ein rcenig meltfremö, ganz
feiner geliebten Kunft lebte. Alu er oon Lenbach öem Grafen
Schack uorgeftellt rouröe, fanöte öiefer ihn nach Italien, öas ihn
öann faft fein ganzes Leben lang fefthielt. Dort lernte er öie
Venettanerin Emüia Ferrari kennen unö heiratete fie. Der harmo®
nifchen Ehe entfproß als Erftgeborener Ermanno, öas glückliche
Kinö eines glücklichen ßunöes. Sein großes Erbe ift neben feiner
heroorragenöen Begabung eine ungewöhnliche, pofttiue Kraft
öer Seele.
DieMuftkbegabungErmannos regte fichfehr frühzeitig. Schorn 887,
elf Jahre alt, konnte er für Öen erkrankten Vater öie chromatifche
Fantafie uon Bach glatt 00 m Blatt fpielen. Bereits zroei Jahre
fpäter rouröe in Veneöig feine Jugenöoper „La Sulamita" auf®
geführt. Eine fyftematifche Äusbilöung aber fehlte öem talen®
tierten Jungen zunächft. Ein ßefuch in Bayreuth mit Öen Auf®
führungen öer „Meifterfinger", öes „Triftan" unö öes „Parfifal"
brachte öie erfte Berührung mit öer großen mufiköramatifchen
Kunft Richarö Wagners.
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Dem Vater machte öle mufikalifche Betätigung öes Sohnes mohl
Freuöe, aber als Ermerb (chien rte ihm öoch menig ausfichtsreich.
Troköem fekte Ermanno feinen Willen öurch unö miömete fich
immer eifriger feinen Mufikftuöien.
Als am Enöe zroeier fruchtbarer Stuöienjahre auf her Akaöemie
öer Tonhunft in München eine Serenabe für Streichorchefter im
Druck erfchien, zeichnete öer junge Komponift mit öem Namen
„Wolf=Ferrari", meil er fich beiöen Eltern zu gleichen Teilen
uerpflichtet fühlte. Für öie Richtigheit öiefes feines Gefühls gibt
es einen untrüglichen Beroeis, feine Mufik!
1S95 finöen mir Öen Neunzehnjährigen als Dirigenten einer
großen Choroerelnigung in Mailanö. Mit feinem erften Chormerk
„Thalita Kumi" roiffen öie Italiener nichts Rechtes anzufangen unö
auch öie Oper „Cenerentola" fällt bei ihrer Uraufführung im
Jahre 1900 in Veneöig öurch. Diefelbe Oper, unter öem Namen
„Afchenbrööel", erlebte in Bremen zmei Jahre fpäter eine recht
freunöliche Aufnahme. Noch in öemfelben Jahr erfchien öas
Chorroerk „La Vita Nuoua", öas auf einer mufikalifchen Höhe
fteht, mie fie auf öiefem Gebiet feit öen großen Klaffikern öes
Oratoriums nicht mieöer erreicht rooröen ift. Im Jahre 1902, mit
26 Jahren, mirö Wolf = Ferrari Direktor öes Konferoatoriums in
Mailanö. Obgleich er öie Leitung bis 1909 innehat, meilt er öoch
oiel auf feinem fchönen ßefiktum in Münchens Umgebung. Am
27. Nooember 1903 finöet im Münchener ReHöenztheater öie Ur=
aufführung öer „Neugierigen Frauen" ftatt, öie ein uoller Erfolg
mar unö Öen Komponiften auf öen Opernbühnen berühmt machte.
In Berlin allein erlebte öie Oper im „Theater Öes Weftens" unter
öem Dirigenten Hans Pfikner in 4 Monaten 75 Aufführungen.
Mit öiefem Mufikluftfpiel betritt öer Komponift öen ßoöen, auf
öem er es zur mähren Größe gebracht hat. Ein Luftfpiel Gol=
öonis, öas zmifchen öerbfter unö feinfter Komik fteht, bilöete öie
Tejetunterlage. Ein Mufikkritiker jener Zeit, öer nicht zu Über»
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fchmenglichhetten neigte, fchrieb: „Uns ift öer langerfehnte Retter
erftanöen, öer uns in Tönen lachen lehrt". Äm 19. März 1906
meröen „Die oier Grobiane" an öer Münchener Hofoper urauf=
geführt, fchon zrnei Tage ipäter folgt öie Erftaufführung in Berlin.
Die Uraufführung uon „Sufannens Geheimnis" erfolgt ebenfalls
in München, im Dezember 1909. Diefe Kompofition bilöet mit
öem „Liebhaber als Arzt", öer im Dezember 1913 in Dresöen unö
München Ur= unö Erftaufführung erlebte, eine munöeroolle
mufikinhaltliche Einheit. Ztoifchen beiöen fteht Wolf=Ferraris
große Oper „Der Schmuck öer Maöonna". Sie muröe am £3. Dezem=
ber 1911 an öer Kurfürftenoper in Berlin uraufgeführt. Das nea»
politanilche Volksleben ift in feiner ganzen Urfprünglichkeit
eingefangen, öramatifch lebenöig unö reich an Spannungen rollt
öie Hanölung ab. Die Mufik ift öurchfekt uon Meloöien uon faft
überiröifcher Innigkeit. Eine fpätere Überarbeitung hat öie Zeit
öer Hanölung aus öer Gegenmart in öas fechzehnte Jahrhunöert
zurückuerlegt. Diefe Neubearbeitung muröe 1933 zum erften Male
am Opernhaus in Hannooer aufgeführt. Am 19. Februar 1925
kommt „Das Liebesbanö öer Marchefa" auf öie Bühne, zu er ft in
Veneöig, einige Wochen fpäter an öer Staatsoper in Dresöen. Im
April 1927 folgt am Münchener Nationaltheater öie mufikalifche
Legenöe „Das Himmelskleiö". In öiefem Märchenfpiel, öem öer
Komponift auch felbft öen Tejet gab, offenbart fich öer Romantiker
Wolf=Ferrari in feinem österlichen Erbe, unberührt uon öem ma=
terialiftifchen Intellektualismus jener kranken Epoche. Die Mufik,
nicht an öie Eröe, fonöern an ein romantifches Symbol gebunöen,
erhebt fich zu höchfter Reinheit unö Klarheit. Doch auch hier finöen
mir beluftigenö=heitere Partien, öie eine mufikalifche Fröhlichkeit
ausftrahlen, öie neben öer fakralen Entrücktheit öoch immer
mieöer öem Leben Recht gibt. Im nächften Jahre brachte öie
Staatsoper in Dresöen öie Uraufführung uon „Sly", öas zmifchen
Träumerei unö Realiftik fteht. 1931 folgt öie Uraufführung öer
„Schalkhaften Witroe" in Rom.
136
Jl campiello, bas jüngfte Werk bes Meifters, erlebte im Früh*
Jahr 1936 feine Uraufführung in Italien unb in Deutfeh lanb .—
Wolf* Ferrari bedeutet uns in her Sprache feiner mufikalifchen
Ausbruchsmittel, öle er bis ins letzte meiftert, beshalb fo tüel,
roeil er in feiner Kunft Negatives einfach nicht kennt. Er ift Optimum
ber bas Leben ebenfomohl im fchalkhaften Frohfinn roie im klin*
genöen Lieb menfchlichen Leibes bejaht. Es gibt bei ihm eben
kein Leib ohne Trofft. Seine Einftellung zur Welt erhellt beutlich
aus feinem eigenen Ausfpruch:
„Wenn ich fehe, rcieoiele Menfchen burch bie Härte bes Lebens
bie Möglichkeit zur Freube oerlieren/ muß ich bie Kunft unbebingt
als eine Art bes ßalfams gegen biefes "Übel anfehen, eine Ver*
jüngungskur für jene, bie frühzeitig alt roerben, eine Erheiterung
für bie Traurigen ober für jene, bie nicht felbft Freube fchaffen
können .. "
KARL HERMANN MÜLLER
Lore Hoffmann
137
QBil^elm dienst
Set ^»angelimaim
1 . Slufsug
ft l o j! e t § o f 3 u © t. O t h m a t. Stet junge Dfathia«, 2 lmt«fchtetber im ftlopet, liebt
SJiartha-, Me ihm ebenfalls in aufrichtiger Siebe ergebene Siebte feine« Sorgefeßten, be« Sufftjtät«
Snget. ©ein älterer, al« Sekret in ©t. Othmar befcf)äftigter Stüber Spanne« mochte OPattba
für [ich felbg gewinnen unb oerfolgt habet mtfjgüngig bie 3 unetgung be« Räbchen« ju
SJtathia«. Sine« Sage«, nach bem fttrehgang, beobachtet er bie herben unb befdjltejjf in ber
Hoffnung, baß ber 3ufltgtdr bem Spiel ein Snbe bereite, biefem hietoon ÜPitteilung p
machen. Sine günßtge Gelegenheit bietet fich bei einet Unterrebung, in beten Setlauf ihn bet
Supisiär oon feiner Seforbetung prn Oberlehrer in ftenntnt« fe$t. Set Oheim HPattßa« ift
entfett übet ba« foeben Gehörte. 211« er gar bie Siebenben pfammen antrifft, macht et ihnen
bie grobpen Sotmürfe übet ißt angeblich fchänbliche« Sethalten. Setgeben« beteuern betbe bie
2fufrichtigfeit ihrer Siebe juetnanbet unb ihren fefien Sntfcßluß, ftch beretnp p heiraten. Soch
ber 3ufiisiär oetßohnt roütenb ihre Srflärungen, tnbern et ptoßtg etnmirft, fDiattßa mürbe nur
ba« QBetb eine« reichen, ootnehmen |>ettn werben. 2luf bie Srwibetung feinet 3iichte, pe werbe
eher Perben al« einen anbeten nehmen, lagt pch ihr Ohetm bap htnteißen, ben armen Schreibet
auf bet ©teile au« feinem Sieng ju jagen. 2luf« tiefge gebrochen, bleibt fKartha ptücf. 3 e|t
nähert ftch Spanne« ber USeinenben unb oerfucht pe p tröpen, tnbern et feinen Stüber al«
atmen Schlurfet, ftch felbp aber al« in gefieberter popfton bejeießnet, um feinem 2lntrag mehr
Ofacßbtucb p oetletßen. SPartßa metg ben immer pbringltcßet unb fcßlteßltch frech SBetbenben
ein für allemal ptücf, tnbern fte ißm offen ihre Siebe p OJfatßia« befennt. 3« oerblenbeter
Siferfucht befcßließt Boßanne«, ftch 3 « rächen ... — 9?acß einer au«gelaffen«ftoßen abenblicben
Bufammenfunft be« Solfe« oot bem 2Birt«hau« unb auf ber ftegelbaßn wirb’« Pili im ftlopet»
bof. Stuf üttatßia«’ SBurifch hatte fWartha« greunbtn fßiagbalene bafüt geforgt, bafj bie
beiben Stebenben, beoot UPatßia« enbgülttg ba« ftloget »erlägt, noch einmal heimlich pfammen«
treffen fonnen. Dtüßrenb tg bet 2 lbfcßieb betbet, bte oon neuem ihre unau«l 6 fchliche Siebe unb
ihre Hoffnung auf fpätere glücfltchere Briten befräftigen. 3 oßanne« belaufcht btefe ©jene. 3 n
haßerfüllter Seibenfcßaft führt er einen teuflifchen plan au«. Sr legt §euet in bte Senne, bie
fogletcß lichterloh brennt, flliathta« wirb allem bei bet Sranbgätte angetroffen. DJian hält ihn
für ben Sranbßtftet, bet ftch an bem 3ugi}tät auf biefe fchänbliche S3eife für feine plößlicße
Sntlaffung habe rächen wollen, unb führt ihn, trofc feinet unb Diartha« Seteuerungen ber Un«
fchulb, oerhaftet ab.
2. Stufsug (3 0 3 a h r e fpäter)
OJiatbta« war feiner:;;: idmlbig gefptochen unb p 20 Bahren fchweten ftetfet«
oerurtetlt worben. ÜKarrba, oetjmeifelt übet ba« unglücffelige ©cßtcffal ihre« Ge«
liebten, hatte in ben fluten bet Sonau ben Sob gefucht. — 9facß feiner Sntlaffung
lagete auf SPathia« immer noch ber Schein bet ©cßutb. Ohne 2lrbett, ohne Ser«
btenßmßglichfeit wa: rerumgeirrt, bi« et enblich Srog fanb in bet Serfünbigung
ber Stbelmorfe: al? Srar.acltmann sieht er oon |)of p |)of . . .
frcitag, Öen 2
Oec Comti
TTlufitialifdics Sdiaufpicl in 30 m flufjfigen.
Jnfjenimmg: töillißlm Boöe Tnufifoalifdi* Ceitung: 133il
I
ftieöridi Engel, Juftijiät im ßloftet St. Othm
fflartha, beffen Tlidite unb TTlünbel . . .
TTlagbalena, beten freunbin.
Johannes freubhofer, Sdiullehtet 311 St. Otht
TTlathias freubhofer, beffen jflngetet Btubet,
Bbtuatius (Bmtsfditeiber) im ßloftet
laoet 3 itterbatt, Schneibet.
Bnton Sdinappauf, Büdifenmachet . . .
friebtidi Biblet, ein Sltetet Bfltget. . .
Beffen Jtau.
Bbolf fjubet.• . .
Beffen Jtau.
Sans, ein junget Bauetnbutfd] ....
Bie Stimme bes Tladitmäditers ....
Eine Eumpenfammletin.
Ein alter Heiermann; Benebictinet; bet B
Jeit: Bas neun3ehnte Jahthunbett MS20— 1850 ) - Bttbetfjanb
in TliebetSfterceidi, bet 3taeite Bufjug in Idien (3toifchen bem etfti
Chöte; Setmann Eübbethe Teqnifdie Eeitung: ftutt
fiunöe ]
i
Anfang 20 Uljt
8. Hlai 1937
jelimann
Biä]tung und Hluflk oon UJilhelm ßienjl
tet £ut|C Bühnenbilder und fioftüme: ]Jaul Ijaferung
ar
nac
Cubtoig HJindifdi
TTtargoftte Slfjoh
. . £uife Miller
hanns heinj Hilfen
. . . Maltlier Cudtoig
.fjans florian
. . . flnton Baumann
.Bolf Bremer
fflargarete Sdireber-Sattler
.... Gerhardt fiulih
.£lfa Cito
. . Budolf 5 d]tamm
. . Gottfried Boenid?
. . . Elftiede Schiller
bt; Bürget; Bauern; finechte; Rinder
lung: Ber erfte pufjug fpielt im Benedictinerhlofter St.Othmar
en und jmeiten flufpg liegt ein Zeitraum oon dreißig Jahren)
fjemmetling Große Paule nach dem I. flufeug
III
Ende 22.45 Uhr
21 j f e i n c m |> o f i n SB i e n. ©et 3Beg führt ben Soangelimann aucp in bicfcn |>of, mo et
Stinbern, bie ihn umringen, ftomme (Sprüche cotltejl, iBtagbalene erfennt in bem fumtnetgebeug*
ten, etgtauten lliann ben oetfchottenen JRatpia« unb erfährt oon ihm feine furchtbare Selben«*
gefcpichte. ®ie bittet ihn, bocp mieberjutommen, um einem 6tetbenben, ben fte im £au« pflege,
ben lebten Srofi ju fpenben.
»etmanblung: Bimmet be« Johanne«, Von 6eroiffen«biffen gepeinigt, finben
mir unter Obhut ORagbaienes ben forperltch unb feelifch ganslicb gebrochenen Johanne« tobfran!
mieber. 6t oernimmt ben ©efang be« Qroangeltmann« unb läfjt biefen ju fich rufen. Ohne ju
ahnen, bag fein »ruber ihm gegenüberfieht, beichtet er bem Soangelimann ba« fchroete »et*
brechen, mit bem et feinerjett ben DJebenbuplet in« Unglücf gürjte . . . Stnen 2lugenblicf mailt
in OZatpia«’ »ruft ein ©efüpl bet Dtacpe auf. 2lber er überminbet fich angefi^t« be« ihn et*
iennenben jierbenben »ruber« unb »erjeipt ihm: „«Selig ftnb, bie Verfolgung leiben um ber
©etecrrigfeit mitten . Karl Hermann Müller
In Vorbereitung: Erftaufführung
Der Holzbteb
Komitche Oper ln einem Aufzug t>. Heinrich Marfchner
Mufihalifche Leitung: Otto Schäfer Infzenierung: Prof. Ale*anber b'Arnate
ßühnenbilö: Paul Haferung
Lore Hoffmann / Margarete Slezah
Anton ßaumann / Hane Fiöeffer / Georg Rahtjen
Chöre: Prof. Herrn. Lübbecke Technifche Leitung: Prof. Kurt Hemmerling
_ Anfchließenö Szenen aue „Tanz um Öle Welt" —
0onnabenb, 29. 9Jtai
31 camptello
3tunbe III 20 Uhr
0ontttag, 30. 9J?ai
3Ugoletto
D^uttbe III 20 Uf)r
ÜJZontag, 31. OTat
©te ©ärtnerin au« Stehe
Kunbe IV 20 Upr
$)ien«tag, l.Junt
©afifpiel Setfo Äitoa
‘DJiabame 2$utterjty
9tunbe IV 20 Uhr
ZDtittroocp, 2. Juni
2Uba
3Hrige*t: ßtfore < Pani$§a a. ©.
Vunbe IV 19.30 Upt
^Donnerstag, 3. 3unt
©ajifpiel täto ßima al$
3Jlabame 2$utterfty
Kunbe IV 20 Upr
IL CÄMPIELLO Entrourf: Prof* Benno ü* Ärent
Grunbriß :um ßuhnenbüö J l campiello
Heinrich Marfchner
Als am 30. Januar 1817 öer 31 jährige Carl Maria o. Weber in dem
kleinen Theater „auf dem Linkefchen Bade" bei Dresden Den Takt*
ftock hob, um die Eröffnungsoorftellung öer neu gegründeten
Deutfchen Oper zu leiten, oollzog (ich, mie mir heute rückblickend
feftftellen können, ein für das praktifche öeutfehe Theater fehr
wichtiges Ereignis: zum erftenmal trat ein fchaffenöer Mufiker
uon großen Graben oerantroortlich an bie Spike eines Kunft*
inftitutes. Ein neidifchesGefchtch oergönnte es Weber freilich nur
neun Jahre, biefes oerantroortungsoollen Amtes zu malten, aber
in der erften Hälfte des 19 . Jahrhunderts haben an etlichen deutfchen
Bühnen Männer an der Spike des Opernbetriebes geftanden, die
jahrzehntelang an einer Stätte wirken konnten und die zugleich
als Komponiften entfeheidend in die Entwicklung ihrer Kunft ein*
griffen. Als ßeifpiel fei hier öer größte Geiger Deutfchlanös, Louis
Spohr, genannt, öer 1822 an das Kaffeier Hoftheater berufen wurde
und einer öer meiftgefpielteften Komponiften feiner Zeit mar?
hierher gehört auch öer Deutfchböhme Heinrich Marfchner, der
fchon als Gymnafiaft feinerVaterftaötZittau wußte, daß, wie er fpä*
ter bekannte, „fein Weg zur Mufik führen mußte" und öer nach einer
kurzen Prager Lehrzeit in den Bannkreis Webers geriet, öer für
den kaum £0 jährigen zum Ur* und ßildungserlebnis wurde.
Weber hat den jungen Marfchner wie einen Freund und Schüler
geliebt; Formen und Gehalt öer „mufikalifchen Romantik", die
Webers perfönlichfter Stil waren, hat er dem um neun Jahre
Jüngeren weiteroererbt und fah in ihm fo fehr feinen Gehilfen
und Erben, daß er ihm im Frühjahr 1824 eine Stellung als Mufik*
direktor an der Dresdner Deutfchen Oper oerfchaffte. Weber war
froh, in Marfchner eine jüngere Kraft gewonnen zu haben, die
ihm manche amtliche Laft oon den fchmächer werdenden Schultern
nahm, und es war Marfchner nicht zu oeröenken, wenn er fich nach
141
Webers allzu rafchem und allzu frühem Tobe Hoffnungen machte/
feines Meifters Nachfolger zu merden. Aber noch mar in Dresden
die Partei der italienifchen Oper — fie ift als letztes derartiges lnfti*
tut in Deutfchland erftiS3i endgültig aufgelöft morden - zu ftark:
fie konnte die energiegeladene Kraft Marfchners im Kampf um die
Alleinherrfchaft nicht gebrauchen, und an Webers Stelle murde
der Mitläufer Karl Gottlieb Reißiger berufen, mit deffen Schien*
drian und Läffigkeit noch zroanzig Jahre fpäter Richard Wagner
als Dresdner Hofkapellmeifter fleh herumzufchlagen hatte. Hein*
rieh Marfchner aber kam bald darauf als Dirigent der Oper nach
Hannooer und hat dort länger als ein Menfchenalter — bis zum
Schillerjahr 1S59 — geroirkt.
Dtefe ftändige Berührung mit dem Theater hat Marfchner fehr
bald zum eigenen Schöpfertum geführt. Noch in feiner Dresdner
Zeit hat er eine ungedruckt gebliebene, fehr intereffante Begleit*
und ßühnenmufik zu Kleifts Prinzen oon Homburg gefchrieben,
die in jeder Weife durchaus eigene Züge trägt und der Wiederer*
meckung mirklich mert und mürdig ift; in den erften Jahren feiner
Hannooerfchen Tätigkeit oerfuchte er den Plan einer eigenen Oper
zu oermirklichen. Es ift für ihn bezeichnend und es fpricht mie
die bekannte Teilnahme Webers an der Geftaltung des Freifchük*
Tettbuches gegen die oft betonte „Theaterfremdheit" der deutfehen
„romantifchen" Mufiker, daß Marfchner fleh fehr eindringlich um
ein gutes Textbuch bemühte. Wir miffen, daß diefes Problem der
mufikalifchen Romantik erft durch und in Richard Wagner gelöft
murde; einen bedeutfamen Schritt auf diefem Wege aber ftellen
Marfchners Bemühungen dar, den fo roichtigen inneren Ausgleich
zmifchen Mufiker und Dichter zu finden, fofern diefe zmei oer-
fchiedene Perfonen find. Hierin beruht Marfchners „theatralifche
Sendung", hierin liegt feine Bedeutung für die Entroicklung der
deutfehen OpernmuHk. Desroegen oerdient er es, auch mit einem
kleineren, heiteren Werk, feinem Holzdieb", auf unterem Theater
lebendig zu merden und zu b l e i b e n.
142
Schon im Sommer 1827 hatte her Berliner Schaufpieler unh Sänger
Ehuarh Deorient hie norhböhmifche Sage oon „Hane Heiling" zu
einer Opernhichtung geftaltet, hie Hane Pfitmer mit Recht ale „hae
befte allerVor=Wagnerfchen Opembücher" bezeichnet. Lange oor
Wagner hielt Ehuarh Deorient hie Volkefagen für hie geeignetften
Opernftoffe, „mell ihre munherbaren unh unheimlichen Elemente
roefentlich muflkalifch finh". Er oermarf hie gefchichtlichen Stoffe/
mell „hie Hiftorie gar nicht mufikalifch ift". Äle ein Berliner Kom*
ponift hae Helling* Buch oermarf, roeil „hie Ähnlichkeit mit hem
Fretfchük zu groß fei"(?), fchickte Ehuarh Deorient ee anonym an
Marfchner unh gab feinem Brüher Karl Deorient, her in Hannooer
ale Darfteller roirkte, hen Wink, gelegentlich hie Äutorfchaft
Marfchner gegenüber zu klären. Dtefer aber mar begeiftert oon
hem „neuen unh ergiebigen" Stoff unh ftaunte über Deoriento
„hichterifche Kraft unh ßühnenkenntnie". Marfchnere Opern*
erftling mar ein Werk gefchichtlichen Charaktere geroefen; bei
hem neuen Werk kamen hie romantlfchen Züge aue hen Elementen
her Sage, ein Prozeß, her fleh bei Marfchnere hrlttem fraglichem
Wer k, im „Vampyr", in noch oerftärktem Maße roieherho Ite. Damit
mar auch formal ein beftimmteePrinzip berGeftaltung gemonnen,
hae hie ftimmliche Farbe unh „Gemichteoerteilung" angeht, hie
für hie Vollenhnng her romantlfchen Oper hurch Wagner ent*
fcheihenh rourhen: her nach Erlöfung fleh fehnenhe Helh, her hae
Leih herVerhammnie trägt, mirh bem„elegifch=lyrifchen" Bariton
zugeteilt. Heiling unh Vampyr murhen berühmte Rollen hiefee
Stimmfach ee, unh fo bilhet Marfchner hier hen ftarken Mittel*
pfeilereiner Brücke, hie oon Weber zu Wagner führt! Marfchnere
Heiling ift ein unmittelbarer Vorläufer hee Fliegenhen Hollänbere,
helfen Erlöfung hurch mahre Weibeeliebe in Heilinge irhifchen
Erlebniffen oorgczeichnet ift. Dae kämpferifche Helhentum mirh
nach hem Vorbilh her „großen Oper" hem Tenorklang zugemie*
fen .. Ee lag in Marfchnere Natur unh Kunft, feine geftaltenhen
Mittel unh Möglichkeiten nur einmal an einer folchen Aufgabe zu
143
erproben. Seine Stellung aber inmitten öer allgemeinen Opern*
entmlcklung ift öle, einem beherrfchenben Genius Öen Weg
bereitet zu haben, öamit öiefer einen Gipfel erfteigen kann? um
lolcher Senöung rcillen aber, öie er mit Würbe unö Ernft erfüllt
hat, oerölent es Marfchner, öem Geöächtnis öer Nachroelt nicht
zu entfehminöen. paul alfred merbach
Valentin Haller
f; Der Vorhang", Blätter dee Deutfche- Ccer- JtB Berlin — Herauagegeben oon öer Genera lintenöanz.
Jahrgang I!, Heft Nr. 13 , Mai- Juni 1937 - \er* -rtre n für öen Tejetteil: Karl Hermann Möller, Dramaturg
Künftlerifche Geftaltung bea Programmhefte - t - : - i-imere, Werbeleiter bee Deutfchen Opernhaufea Berlin
Monatliche Huflage 30000 Stück - - -tmemannKG BerlinsWilmeraborf, Uhlanbftr. 102
144
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